Automatisierung von Umspannwerken für griechischen Übertragungsnetzbetreiber (Griechenland)

Highlights

• Erstes 400-kV-Umspannwerk in Griechenland mit zenon für Automatisierung und Visualisierung
• Integration digitaler Hardware
• IEC-61850-Kommunikation mit IEDs
• Kommunikation mit dem Netz anhand eines proprietären Protokolls
• Hot-Standby-Redundanz zum Schutz vor Datenverlust
• Kostengünstige Komplettlösung, die sowohl bedienerfreundlich als auch zuverlässig ist
  
  

Anders als der Name vermuten lässt, ist Megalopolis eine Kleinstadt. Mit weniger als 10.000 Einwohnern leitet sie ihre Bedeutung aus anderen Kriterien als der Größe ab. Mit Kraftwerksblöcken, die mit lokal abgebauter Braunkohle befeuert werden, und zwei 400-MW-Gas- und Dampfturbinenkraftwerken (GuD) ist die Stadt ein wichtiger Standort für die Energieerzeugung von Südgriechenland. Inmitten der Halbinsel Peloponnes gelegen, ist Megalopolis auch ein zentraler Knotenpunkt des nationalen Stromnetzes.

Schließen von Versorgungslücken

Das griechische Stromübertragungssystem besteht aus über 11.500 km Hoch- und Höchstspannungsleitungen und über 350 Umspannwerken. Dazu gehören auch Unterwasserleitungen zu den griechischen Inseln und zu fünf Nachbarländern. unabhängige Stromübertragungsnetzbetreiber IPTO S. A. ist verantwortlich für den Betrieb, den Ausbau der Anlagen.  

Das Herzstück des Systems sind drei zweikreisige 400-kV-Leitungen. Diese übertragen die Elektrizität hauptsächlich von Westmakedonien – wo sich 70 Prozent der Erzeugungskapazität des Landes befinden – nach Mittel- und Südgriechenland, wo der Schwerpunkt des Verbrauchs liegt. Im Rahmen eines langfristigen Plans, mit dem Ziel die Versorgungsicherheit in ganz Griechenland zu erhöhen, wird das 400-kV-Netz auf den Peloponnes ausgedehnt. Die beiden Leitungen, die den Kanal von Korinth und den Golf von Patras kreuzen, treffen sich in Megalopolis. Daher war dies für IPTO der geeignetste Standort, um dort ein neues 400-kV-/150-kV-Umspannwerk zu errichten.

Wichtiger Knotenpunkt im Übertragungssystem

Als wichtiger Knotenpunkt des griechischen Übertragungssystems umfasst das in Megalopolis neu errichtete luftisolierte 400-kV-Umspannwerk 36 Felder mit Anlagen zu je 400 kV, 150 kV und 30 kV –  also eine sehr große und komplexe Installation.

„Wir wollten eine Höchstspannungsschaltanlage, die im Hinblick auf Automatisierung und Flexibilität den höchsten Standards gerecht wird“, sagt Athanasios Georgopoulos, damaliger Direktor der Abteilung Transmission New Projects bei IPTO. „Angesichts der bevorstehenden Fertigstellung des gasbefeuerten Aggregats war das Projekt für IPTO von strategischer Bedeutung und eine schnellstmögliche Inbetriebnahme sehr wichtig.“

IPTO ist Mitglied beim Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber ENTSO-E und hat langjährige Erfahrung in der Realisierung von Übertragungsprojekten und im Bau von Umspannwerken. Das Unternehmen verfügt also über jenen Kompetenzen, die für die Projektierung und den Aufbau der Strukturen und Primäranlagen erforderlich sind. Für die Implementierung eines digitalen Automatisierungssystems für Umspannwerke beschloss IPTO jedoch, das Projekt an einen Auftragnehmer und Berater mit weitergehenden Qualifikationen und Erfahrungen auszulagern.

Digitales Höchstspannungs-Umspannwerk am Stand der Technik

Im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung hat IPTO einen Partner gesucht, der in der Lage ist, eine flexible, zuverlässige, ausfallsichere, intuitive und praktikable Automatisierungslösung umzusetzen. PROTASIS, ein Ingenieur- und Beratungsunternehmen mit Dienstleistungen und Lösungen für Übertragung, Verteilung und Stromerzeugung sowie für Industrieanlagen, konnte sich in dem Vergabeprozess durchsetzen. PROTASIS ist als Anbieter für die Analyse und Prüfung von Leistungssystemen auf dem internationalen Markt erfolgreich und bietet qualifizierte Lösungen für elektrische Schutz-, Regelungs-, Automatisierungs- und Messsysteme an.

PROTASIS ist Silberpartner der globalen COPA-DATA Partner Community (CDPC), einem globalen Netzwerk von Experten in den Bereichen Industrie- und Energieautomatisierung und hat bereits über 25 Installationen von Automatisierungssystemen für Hochspannungsschaltanlagen erfolgreich umgesetzt. Auf der Suche nach einer kostengünstigen und stabilen Lösung setzte das in Athen ansässige Unternehmen für die Stromnetze Intelligent Electronic Devices (IEDs) des Unternehmens Schweitzer Engineering Laboratories (SEL) ein. Die Experten von PROTASIS erstellten das Umspannwerk-Automatisierungssystem mit der Softwareplattform zenon von COPA-DATA, die weltweit zur Regelung, Überwachung und Optimierung Produktionsanlagen und in der Energiebranche eingesetzt wird.

Projekte mit zenon sind hoch skalierbar. Die Softwareplattform kann als Prozessleitsystem vor Ort, als Prozessvisualisierung im Leitstand oder als Gateway zu übergeordneten Prozessleitsystemen eingesetzt werden. zenon zeichnet sich durch eine offene und zuverlässige Kommunikation mit den installierten Anlagen aus – mit offenen Schnittstellen sowie über 300 nativen Treibern und Kommunikationsprotokollen. Eine weitere Stärke von zenon ist das Prinzip „Parametrieren statt programmieren“, das die Erstellung anspruchsvoller Projekte mit komplexen Funktionen erleichtert. Die Softwareplattform sorgt für stoßfreie Redundanz und garantiert damit eine unterbrechungsfreie Stromversorgung.

Effiziente, zuverlässige Schaltanlagenautomatisierung noch vor dem Stichtag

Durch die zenon Funktion „stoßfreie Redundanz“ konnte PROTASIS der IPTO ein zuverlässiges Schaltanlagenautomatisierungssystem basierend auf zwei leistungsstarken Servern mit Hot-Standby-Redundanz realisieren. Selbst in der kurzen Zeitspanne zwischen dem Ausfall und der Übernahme durch das Backup verhindert die stoßfreie Redundanz einen Verlust von Daten.

Die Lösung umfasst zwei separate Remote Terminal Units (RTUs), eines für die 150-kV-Seite und eines für die 400-kV-Seite. Diese sorgen für die gesamte Kommunikation zwischen dem Umspannwerk und der Fernsteuerzentrale (Remote Center Control/RCC) des griechischen Übertragungssystems. Während die Protokollsammlung IEC-61850 für die Kommunikation mit den IEDs des Umspannwerks verwendet wird, erfolgt die Kommunikation mit der RCC über das proprietäre CEGELEC-Protokoll HNZ. Dank dieser Topologie kann eine zuverlässige Kommunikation mit der RCC gewährleistet werden, ohne dass zusätzliche Schnittstellenpanels notwendig sind.

Das Höchstspannungs-Umspannwerk Megalopolis ist die erste zenon Installation ihrer Art in Griechenland. Es ist das erste Automatisierungssystem für ein 400-kV-Umspannwerk, das PROTASIS mit zenon für die Automatisierung und Visualisierung in Kombination mit IEDs von SEL realisiert hat. „Die Größe und Komplexität des Projekts hat uns dazu motiviert, die mächtigen Funktionen von zenon zu erkunden. Diese waren uns vor dem Projektstart gar noch nicht so bewusst“, so George Arvanitis, Projektmanager bei PROTASIS. „Mit zenon haben wir ein intuitives und leistungsstarkes Automatisierungs- und Visualisierungssystem für Umspannwerke in Form einer sehr kostengünstigen Komplettlösung realisiert, die sowohl bedienerfreundlich als auch zuverlässig ist.“

„Der IEC-61850-Treiberkonfigurator und die Wizards von zenon sowie die Feldreplikationsfähigkeiten haben es uns ermöglicht, das System in sehr kurzer Zeit fertigzustellen“, fügt Arvanitis hinzu. „Dank der flexiblen Projektierungsumgebung der Softwareplattform konnten wir eine Anwendung erstellen, die intuitiv und robust ist, und das noch vor den vertraglich festgelegten Fristen.“

Im Anschluss an dieses Projekt hat PROTASIS einen Vertrag für die Modernisierung des bestehenden 150-kV-Umspannwerks „Megalopolis I“ mit neuen Schutz- und Regelungs-IEDs unterzeichnet. Als erstes Umspannwerk Griechenlands wird es über eine Netzwerktopologie mit IEC-62439-3-PRP verfügen – mit einer Schaltanlagen-Automatisierung basierend auf der vielseitigen Softwareplattform zenon.