24/7: Backup-Leitsystem garantiert lückenlose Netzüberwachung
Die gesicherte Versorgung ihrer rund 435.000 Kunden mit elektrischer Energie ist das primäre Unternehmensziel der Energie AG Oberösterreich Netz GmbH. Um diese Versorgung rund um die Uhr gewährleisten zu können, nahm das Energieversorgungsunternehmen zusätzlich zum Hauptnetzleitsystem ein Backup-System in Betrieb. Für diese „Versicherung“ setzen die Ingenieure des neuen Netzführungszentrums auf das jahrzehntelange Know-how des Systemintegrators Sprecher Automation GmbH und moderne Netzleittechnologie von COPA-DATA.
Highlights
Realisierte Projektfunktionen:
- Darstellung aller Energie AG Oberösterreich Umspannwerke und -stationen (63)
- Einzelbilddarstellung und Netzbilddarstellung
- Topologische Einfärbung
- Alarmmanagementsystem: drei Prioritäten je Spannungsebene; Ein/Aus
- Erdschlussanzeigen, Darstellung von gerichteten Erdschlusswischeranzeigen
- Prozesszustandsprotokolle
- Statusverarbeitung der Meldungen: stille Verarbeitung, Meldesperre, Handwerte
- Einfache Lastflussdarstellung
- Notizen (verfügen)
- Option auf Steuermöglichkeit
Rund 10.000 km Hoch- und Mittelspannungsnetz (110 kV, 60 kV, 30 kV und 10 kV), 63 Umspannwerke und -stationen und 8.500 Trafostationen werden rund um die Uhr (24/7) durch die Netzleitstelle der Energie AG Oberösterreich Netz GmbH gesteuert und überwacht. Das Verteilernetzgebiet erstreckt sich über rund 10.150 km2, Netzkunden in 389 Gemeinden in Oberösterreich, Salzburg, der Steiermark und Niederösterreich werden über die Verteilernetzanlagen der Energie AG mit Strom versorgt. Die Leistungen im Bereich Netzführung reichen von der Steuerung und Überwachung von Hoch- und Mittelspannungsnetzen und Zustandsschätzungen über die Überwachung der Versorgungsqualität und einem umfassenden Störmanagement bis zur Dokumentation sämtlicher Prozessparameter.
Obwohl das eingesetzte Hauptsystem hoch verfügbar ist, wollten sich die Experten mit der Implementierung eines PC-basierten Backup-Leitsystems zu 100 Prozent absichern. Johannes Kaindlstorfer, Teamleiter Operative Netzführung bei der Energie AG OÖ Netzführung, beschreibt die Ausgangssituation: „Mit einem zusätzlichen Backup-System wollten wir eine 100%-ige Systemverfügbarkeit erreichen und alle Daten sowie auch die Datenwege redundant gestalten. Ziel war es von Anfang an, das Backup-System so aufzusetzen, dass es im Bedarfsfall das Hauptsystem in Melderichtung ersetzen kann. Wichtig war uns auch, dass das neue System parametrierbar und damit einfach konfigurierbar ist. Die Entscheidung fiel im Rahmen einer Ausschreibung auf das Leitsystem von Sprecher Automation, das auf der Steuerungstechnologie von COPA-DATA basiert, da intern bereits viel Know-how im Umgang mit dieser Software vorhanden war und somit keine aufwändigen Einschulungen notwendig wurden.“ Andrej Medved, Leiter des Trainingscenters bei der Sprecher Automation GmbH, ergänzt: „Die ersten fünf Prozessbilder haben wir im Rahmen eines Basisengineerings als Prototypen zur Verfügung gestellt und die Ingenieure aktiv in die Konfiguration eingebunden. Alle weiteren Bilder konnten die Mitarbeiter der Netz GmbH bereits selbst in Eigenregie erstellen.“
Alle acht Arbeitsplätze in den Bereichen Mittelspannung (sechs) und Hochspannung (zwei) sind mit jeweils sechs Monitoren ausgestattet und sorgen so für optimale Übersicht über alle Daten und Vorgänge. Auch die Benutzerfreundlichkeit kommt nicht zu kurz: Alle sechs Monitore können mit nur einer Maus bedient werden, was auch die Arbeitseffizienz deutlich erhöht.
Datensicherheit dank unabhängiger Netzwerke
Im neuen Netzführungszentrum in Linz, wo die Steuerung und Überwachung aller Netze im Versorgungsbereich zentral erfolgt, sorgen insgesamt sechs Mittelspannungsarbeitsplätze, zwei Hochspannungsarbeitsplätze sowie zwei Systempflegearbeitsplätze für reibungslose Abläufe und Übersicht bis ins kleinste Detail. Das Backup-System visualisiert parallel zum Hauptsystem auf je zwei eigenen Bildschirmen – einmal im Bereich der Hochspannung und einmal in der Systempflege – die gewünschten Übersichts- und Detailbilder. Es enthält circa 30.000 Datenpunkte, wobei sich rund ein Drittel in Bildern befindet. Jeder Rechner ist mit einer LAN-Schnittstelle ausgestattet, sodass die beiden Systeme nur mit dem dafür vorgesehenen Netzwerk verbunden werden können. Das Laufzeitsystem und der Editorarbeitsplatz werden stand-alone über ein Hardware-unabhängiges Netzwerk betrieben. Die Datenübertragung erfolgt über LAN mittels IEC 60870-5-104 direkt von den Außenstationen (Leittechnik- oder Fernwirkanlagen) zum Backup-Leitsystem.
Im Unterschied zum Hauptsystem, das die Steuerung und Regelung übernimmt, dient das Backup-System ausschließlich zur Überwachung der Daten und Datenwege und ist auf die Bereiche Hochspannung, Umspannwerke und -stationen beschränkt. Diese Überwachung basiert primär auf Schalterstellungen, topologischer Einfärbung, Gefahrmeldungen und Messwerten und umfasst im Bereich der Hochspannung ein Übersichtbild des 110 kV-Netzes und pro Umspannwerk je ein Detailbild des 110 kV-, 30 kV- und 10 kV-Netzes. Über die chronologische Ereignisliste werden sämtliche Datenströme lückenlos aufgezeichnet und bei Bedarf werden Schaltgeräte handnachgeführt. Zusätzlich ist im Backup-System ein hierarchisches Alarmierungssystem implementiert, das auf ein- und ausschaltbaren Alarmklassen und Prioritätsstufen basiert. Bei der Systemimplementierung wurde außerdem insbesondere darauf geachtet, das Design der Bilder an jenes aus dem Hauptsystem anzupassen, um die Benutzerfreundlichkeit zu erhöhen und den Mitarbeitern eine einfache, vertraute Handhabung zu ermöglichen.
Zentral überwacht, rundum versorgt
Bis Herbst 2010 wurde die Netzführung der Energie AG Oberösterreich Netz GmbH in der Netzleitstelle Hochspannung und in fünf dezentralen Mittelspannungsleitstellen durchgeführt, wobei drei davon auch für die Kraftwerke mitverantwortlich waren. Mit der abgeschlossenen Komplettsanierung des Netzführungszentrums in Linz Wegscheid werden bis Sommer 2011 alle Netzleitstellen sukzessive übersiedelt und im Netzführungszentrum in Betrieb genommen. Johannes Kaindlstorfer resümiert: „Das Backup-System hat all unsere Erwartungen erfüllt und konnte sich bereits in der Praxis bewähren. Bei Umstellungen am Hauptsystem im Zuge des Umbaus hat das Backup-System den Betrieb vorübergehend übernommen und alles lief erfolgreich nach Plan. Wir sind also für den Ernstfall gerüstet und können unseren Kunden lückenlose Versorgungssicherheit garantieren.“
Professionelle Unterstützung aus einer Hand: Sprecher Automation GmbH
Sprecher Automation – Experte für Energieanlagen, Prozessautomation, Energieautomation, Sensoren und Scanner – zeichnete in diesem Projekt verantwortlich für die erfolgreiche Implementierung und Inbetriebnahme des Backup-Leitsystems SPRECON V 460, einem modifizierten Prozessleitsystem der HMI/SCADA-Technologie zenon von COPA-DATA. Das Leistungsspektrum des Unternehmens mit Hauptsitz in Linz, Oberösterreich, umfasst Beratung, Planung, Engineering, Dokumentation, Entwicklung, Fertigung, Montage, Inbetriebsetzung, Schulungen und After-Sales-Services. An insgesamt neun Standorten sorgen rund 100 qualifizierte Mitarbeiter für professionelle Projektabwicklung bei kommunalen Betrieben, öffentlichen Institutionen, Energieversorgungsunternehmen (EVUs), Industrie- und Verkehrsbetrieben. Die Sprecher Automation GmbH setzt gemeinsam mit dem Systemlieferanten COPA-DATA seit 2006 in erfolgreicher Zusammenarbeit Automatisierungsprojekte im Energiesektor um und liefert ihren Kunden dank jahrzehntelangem Prozess-Know-how individuell maßgeschneiderte Gesamtlösungen.
Auch die Umspannwerke werden mit dem Backup-System überwacht. Im Bild das Umspannwerk Gmunden
(Oberösterreich) und die jeweiligen Lastflüsse. Für die Statusverarbeitung der Meldungen stehen drei Optionen zur Auswahl: Handnachführung (EIN/AUS), stille Verarbeitung oder Meldesperre.
Das Übersichtsbild des 110 kV-Netzes gibt per topologischer Einfärbung Aufschluss über den aktuellen Versorgungsstatus der einzelnen Regionen. Über das integrierte Alarmmanagement werden die Bediener sofort über Abweichungen oder Störmeldungen im System informiert und können umgehend die notwendigen Maßnahmen einleiten.